Halbritters Tier- und Pflanzenwelt – Ein Beitrag zur Naturgeschichte ….

Als ich neulich HACKES TIERLEBEN an dieser Stelle vorstellte, eine amüsante Beschreibung von 26 Tierarten aus dem Blickwinkel Axel Hackes, fiel mir wieder ein Buch ein, das vor fast 50 Jahren erschienen ist. Seitdem steht es im Bücherregal, wird ab und an abgestaubt oder hervorgeholt, um mich wieder einmal daran zu erinnern, welchen Beitrag Kurt Halbritter mit seiner „Naturgeschichte für alle Schichten des Volkes. Mit vielen Illustrationen des Verfassers“ 1975 damit geleistet hat.

Halbritters Karikaturen wurden im Satiremagazin pardon und auch in der FAZ veröffentlicht, zudem wurden seine Werke in Büchern veröffentlicht wie diesem.

Es stellt sich die Frage: In welche Ecke des Bücherregals stellt man es hin? Zu den Comics oder neben Hans Traxler und F. K. Waechter oder zu den Erotica oder gar in die Schmuddelecke, in der sexistische und nicht der Political Correctness entsprechende Bücher versteckt sind.

Schaut man sich das Cover der 1. Auflage an, das Beinhorn, und liest auf Seite 46 die dazugehörige Beschreibung, kommen mir meine Zweifel, ob ich über dieses Buch noch berichten darf, ohne in übler Weise als Sexist beschimpft zu werden. Ich zitiere trotzdem:

Mit seinen zwei stattlichen Beinhörnern ausgestattetes, langhaariges und klettertüchtiges Horntier der Sohlomiten.Nur im strengen Winter sucht es tiefer gelegene Regionen auf; bewegt sich meist in einer Höhe zwischen 8000 und 12000 Fuß, wo es manchen Jäger irreführt. Sein erotisches Beinhornspiel verwirrt und erregt in der Regel so, daß die Fähigkeit eines genauen Blasrohr-Schusses abhanden kommt.

(Sollte neben oben angedeuteten möglichen Beschimpfungen noch der Vorwurf auf falsche Rechtschreibung erhoben werden, erkläre ich zu meiner Entschuldigung, dass dieses Zitat aus der 1. Auflage von 1975 entnommen wurde, vor der Rechtschreibreform von 1996 und den Reförmchen von 2004, 2006, 2022, 2014 und 2016).

So werden Tiere im ersten Teil sowie Pflanzen im 2. Teil Illustrationen gezeigt und beschrieben, die primären Geschlechtsmerkmale in in wesentlichen Bestandteilen ähneln, so der Schlappschwanzige Hodenpimmler oder die Busenqualle. Dagegen ist das Grafittchen, ein Bleistift-artiges Tier jugendfrei über jeden Schreibtisch krabbelnd vorstellbar.

Das schreibe ich deshalb so, da ich in einem Online-Antiquariat in einem Angebot gelesen habe: Altersfreigabe FSK ab 58 Jahre. Nun denn. Da die Leser dieses Blogs vermutlich schon alle beim Erscheinen dieses Buches volljährig waren, habe ich keine Bedenken, dieses Buch vorzustellen. Es ist nicht mehr im Buchhandel als Neuware zu beziehen, letztmals erschien 2014 eine Ausgabe im Eichborn Verlag, die aber auch nicht mehr auf der Website des Verlags aufgeführt ist. Zwischendurch hat es noch andere Ausgaben gegeben, zwar mit dem vollständigen Inhalt, aber einem „züchtigen“ Cover.

Nun stelle ich das Buch wieder zurück ins Regal, aber wohin nur?

– – – O – – –

Kurt Halbritter: Halbritters Tier- und Pflanzenwelt. Ein Beitrag zur Naturgeschichte für alle Schichten des Volkes. Mit vielen Illustrationen des Verfassers, erstmals erschienen 1975 im Carl Hanser Verlag.

Zu erwähnen ist noch: Die wissenschaftliche Klassifizierung der bereits in Vergessenheit geratenen Formen der Fauna und Flora aufgrund alter Nachschlagewerke, ist Friedrich Bohne, Hannover, zu verdanken.

4 Gedanken zu „Halbritters Tier- und Pflanzenwelt – Ein Beitrag zur Naturgeschichte ….

  1. Ich war Teenager, als meine Freundin und ich bei und mit ihrer (Lehrerin-)Mutter gemeinsam das Buch durchblätterten – wegen der Zeichenkunst. Die Texte haben wir dabei weniger beachtet, manches vermutlich auch nicht vollumfänglich verstanden, aber das Verstandene oder Erahnte bekichert.
    War das nicht auch die Zeit von Tomi Ungerers sexelnden Fröschen?
    Irgendwie hat man das Ganze mit mehr Unbefangenheit betrachtet als heutzutage und ich frage mich, ob das wirklich ein erwünschter Effekt der Emanzipation sein sollte, dass die Gesellschaft einerseits verklemmter und andererseits abseits der Kunst kommerziell in fast jeder Hinsicht zwischen Medien und Deutung von persönlichen modischen und körperlichen Erscheinungsbildern durchpornografiert sei, wie es sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat.
    Beim Lesen älterer Bücher aus der Zeit vor der Rechtschreibreform sollte man sein Gehirn doch tatsächlich zu Besserem verwenden können, als die nicht zeitgemässen Schreibweisen zu bekritteln, aber auch das deute ich nur ein weiteres Symptom einer leider mir intoleranter geworden scheinende Gesellschaft.
    Wie sinnvoll ist es überhaupt, zu leugnen, dass ein Grossteil der Menschen, sich selbst einschliesslich, die Welt auch unter Einfluss erotischer und sexueller Phantasien betrachtet? Nur wer damit nicht im Sinne der mitmenschlichen Achtung selbstreflektierend und zivilisiert umzugehen lernt, hat oder wird zum Problem. Aber das Buch doch nicht – ist zumindest meine Meinung.

    • Liebe puzzleblume,
      vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Du sprichst mir aus der Seele. Inzwischen ist es leider so, dass ich Hemmungen habe, bestimmte Themen anzusprechen und zu diskutieren, aus Angst, gleich verbal „ein paar auf die Fresse zu kriegen“ oder politisch und gesellschaftlich in eine Ecke gestellt zu werden, die absolut nicht meine ist.
      Mit unsrer Unbefangenheit und einer größeren Toleranz unserer Umgebung haben wir eine schöne Zeit verbracht, was nicht heißen soll, dass damals ALLES besser war. Das könnte mich ja in die Ecke der Ewig-gestrigen stellen.

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